Nikola Pilić – Tennislegende und Davis‑Cup‑Kapitan stirbt mit 86

Nikola Pilić – Tennislegende und Davis‑Cup‑Kapitan stirbt mit 86

Mit 86 Jahren verabschiedete sich der kroatische Tennisikone Nikola Pilić am 22. September 2025 in Rijeka. Wer ihn aus den 1970er‑Jahren kennt, erinnert sich an das knappe Match im Finale von Roland Garros 1973 und an die turbulente Wimbledon‑Boykott‑Woche, die er fast unbemerkt miterlebte. Heute aber wird er vor allem als Trainer, Davis‑Cup‑Kapitän und Visionär des Tennissports in Erinnerung bleiben.

Frühes Leben und Spielerkarriere

Geboren am 27. August 1939 in Split, wuchs Pilić in einfachen Verhältnissen auf. Der alte Stadtrand‑Club mit nur wenigen Plätzen war sein Trainingsplatz, und schon früh zeigte er ein außergewöhnliches Talent für das Spiel. 1967 wurde er von Lance Tingay als Weltranglisten‑Siebenster eingestuft, 1968 erreichte er Platz sechs – ein Rekord für einen Jugoslawe zu jener Zeit.

Sein Spielstil war kraftvoll, aber elegant, und er gehörte zu den acht jungen Profis, die 1968 als "Handsome Eight" im neu gegründeten World Championship Tennis (WCT) Mode auftraten. Das brachte ihm nicht nur internationale Bekanntheit, sondern auch die politische Schlinge, die 1973 in einem Boykott des Wimbledon‑Turniers endete – ein Ereignis, das das öffentliche Bild von Pilić nachhaltig prägte.

Davis‑Cup‑Erfolge und Trainerlaufbahn

Nach dem Rückzug von der aktiven Tour begann Pilić seine zweite Karriere als Kapitän und Coach. Mit einer seltenen Kombination aus taktischem Geschick und Menschenkenntnis führte er drei verschiedene Nationalmannschaften zum Davis‑Cup‑Triumph: zuerst Deutschland (1993), dann Kroatien (2005) und zuletzt Serbien (2010). Jede dieser Missionen erforderte ein anderes Führungsverständnis, doch Pilić blieb stets darauf fokussiert, das Teamgeistes zu stärken und individuelle Stärken gezielt auszuspielen.

In seiner Trainerlaufbahn stand er an der Seite einiger der größten Namen im Tennis:

  • Boris Becker – der junge Deutsche, der 1985 Wimbledon gewann.
  • Michael Stich – Wimbledon‑Champion 1991.
  • Goran Ivanišević – der kroatische Spieler, der 2001 als Wildcard den Wimbledon‑Titel holte.
  • Novak Djokovic – ein aufstrebender Jugoslawe, den Pilic in den frühen 2000ern förderte und dessen zukünftige Grand‑Slam‑Erfolge maßgeblich beeinflusste.

Seine Handschrift war klar: technische Präzision kombiniert mit mentaler Stärke. Er legte großen Wert darauf, junge Spieler nicht nur das Spiel, sondern auch den Umgang mit Medien und Drucksituationen zu lehren – Erkenntnisse, die heute in den Trainingsplänen der Top‑Akademien standard sind.

Einfluss auf Generationen und sportliche Reformen

Neben der Arbeit an Einzel- und Teamebenen kümmerte sich Pilić als Turnierdirektor für mehrere bedeutende Veranstaltungen um die strukturelle Weiterentwicklung des Sports. Er setzte sich für ein transparenteres Punktesystem ein, unterstützte die Einführung von Wildcards für junge Talente und förderte den Ausbau von Trainingszentren in ländlichen Regionen Kroatiens.

Seine Vision war es, Tennis nicht nur als elitärer Club‑Sport zu sehen, sondern als Möglichkeit für jedermann, zu wachsen. Durch enge Zusammenarbeit mit der ATP und nationalen Verbänden trug er dazu bei, dass neue Generationen – vom Nachwuchsspieler bis zum Profis – von besseren Rahmenbedingungen profitierten.

Abschied und Vermächtnis

Die Tenniswelt reagierte sofort auf den Tod des Ausnahmetalents. ATP‑Vorsitzender Andrea Gaudenzi erklärte, Pilic sei ein „wirklicher Pionier“ des modernen Spiels. Viele ehemalige Spieler, die unter seiner Führung große Erfolge feierten, teilten persönliche Anekdoten: von gemeinsamen Trainingseinheiten in den frühen Morgenstunden bis zu den hitzigen Diskussionen über Taktik während Davis‑Cup‑Matches.

Für viele ist Pilic das Bindeglied zwischen der Ära des Amateur‑Tennis und der heutigen globalen Profi‑Welt. Sein Leben, das sich von den staubigen Plätzen von Split bis zu den hell erleuchteten Stadien von Wimbledon und New York erstreckte, steht als Mahnung dafür, dass Leidenschaft und Beharrlichkeit Grenzen sprengen können.

Während seine Familie nun um ihn trauert, bleibt sein Erbe in den Hallen, auf den Plätzen und in den Köpfen der Spieler, die er geformt hat. Die nächste Generation wird weiterhin von seinen Lehren profitieren – egal, ob sie gerade den ersten Aufschlag üben oder um den nächsten Grand‑Slam kämpfen.